Angst ist allgegenwärtig. Während der Coronavirus den Medien gerade Futter für schlechte und damit profitable Nachrichten liefert, erlebt die Gefahr, sich mit dem Angst-Virus zu infizieren, ein exponentielles Wachstum. Heute Morgen bin ich aus folgendem Traum aufgewacht: Ich träume, ich sitze fest in einer Welt voller ängstlicher Menschen. Zwar weiß ich, dass alles nur ein Alptraum ist, doch ich bleibe vorerst in ihr gefangen. An jeder Ecke lauern Ängstliche mit weiteren Horror-Meldungen.
Weder der Coronavirus noch der Krebs, der zu viele Mitglieder meiner Familie befallen hat, triggern meine Angst vor Krankheiten. Ich ernähre mich halbwegs gesund, wasche mir mehrmals täglich die Hände und habe zwei Winter erkältungsfrei überstanden. Mein Immunsystem macht einen hervorragenden Job und trotzdem spüre ich in meinem Bauch Enge, wenn ich mir anschaue, in welche Richtung die Menschheit in diesen Tagen abdriftet.
Angst macht eng und raubt Freiheit
Enge und Angst sind in ihrer Wortherkunft miteinander verwandt. Das lateinische Wort „angustiae“ beziehungsweise „angor“ bedeutet so viel wie Beklemmung und Enge, was mein Gefühl in Gegenwart ängstlicher Personen sehr gut beschreibt. Als freiheitsliebender Mensch sehe ich mich mit einer ernsthaften Bedrohung konfrontiert, denn Angst macht klein und raubt Freiheit.
Airlines streichen Flüge, Großveranstaltungen wie die internationale Reisemesse ITB und das Berlin Travel Festival wurden abgesagt. In Supermärkten stehe ich vor nahezu leer gefegten Nudelregalen und von einer Berliner Kinder-Krebsstation wurden sogar Desinfektionsmittel gestohlen. Derweil quillt meine Facebook-Timeline über vor furchteinflößenden pseudo-journalistischen Ergüssen und angsterfüllten Kommentaren. Nachdem ich anfangs Artikel gegen die irreal wirkende Panikmache geschrieben habe, lösche ich nun „Freunde“, die nie meine Freunde waren und klicke auf „Beitrag verbergen“. Der Coronavirus hat es tatsächlich geschafft, dass ich mal wieder zwischenmenschlich ausmiste!
Angst erzeugt noch mehr Angstzustände
Das verschafft mir Erleichterung. Zwar ist der Kreis meiner direkten Bezugspersonen in letzter Zeit geschrumpft, doch mit der Abgrenzung von der grassierenden Panik hole ich mir auch meine Freiheit zurück. Angst erzeugt noch mehr Angst. Ängstliche umgeben sich mit anderen Angsthasen, feiern zusammen Angsthasen-Partys und laben sich gemeinsam an den schlimmsten Nachrichten profitgeiler Magazine. Ein Teil von ihnen sympathisiert mit blauen und braunen Parteien – aus Furcht vor „alimentierten Messermännern“. Ironie des Schicksals, dass nun der Coronavirus Grenzen überwindet und Ängstliche aller Länder vereint!
Oder ist Covid-19 vielleicht die Aufgabe zuteil geworden, das Ausmaß der Volkskrankheit in aller Schärfe sichtbar zu machen? Laut Angaben des Max-Planck-Instituts zählen Angststörungen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Jeder vierte Bundesbürger leide im Laufe seines Lebens unter Angstzuständen, die als krankhaft eingeordnet werden können, heißt es. Das entspricht 25 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung.
Negative Auswirkungen auf die Gesellschaft
Auf die Gesellschaft hat das negative Gefühl verheerende Auswirkungen, zum Beispiel auf die Wirtschaft. Hotels und gastronomische Betriebe in Berlin verzeichneten Anfang März Umsatzeinbrüche, weil die internationalen Aussteller und Fachbesucher der ITB wegen der Virus-Panik gezwungen waren, zu Hause zu bleiben. Wertvolle Kontakte, die möglicherweise entstanden wären, konnten nicht geknüpft werden. Auch Reiseveranstaltern und -vermittlern drohen Einbußen, wenn sich potentielle Kunden mit Nudeln, Klopapier und Desinfektionsmittel lieber in den heimischen vier Wänden verriegeln statt in den Urlaub zu fahren!
Währenddessen verdienen sich die Medien mit ihrem Spiel mit der Angst eine goldene Nase. Vermutlich wird sich auch die Pharma-Industrie ein fettes Stück vom Braten abschneiden, sobald „rein zufällig“ ein Corona-Impfstoff auf den Markt kommt. Ich befürchte allerdings, dass in dem Moment schon der nächste Angst-Virus verbreitet wird. Vielleicht heißt er Cruella, Berta oder Sabine, da alles Negative aus irgendeinem perfiden Grund weiblich klingen muss. Sabine fällt wohl aus – wir erinnern uns dunkel: Auf diesen Namen hörte bereits das mörderische Orkan-Tief im Februar! (as)