Am 25. April 2020 findet wie an den vergangenen Samstagen eine Demo für Grundrechte in Berlin statt. Schon kurz vor 15 Uhr haben mehrere hundert Polizisten die Straßen rund um den Rosa-Luxemburg-Platz mit Gittern abgesperrt, um eine Überfüllung des Platzes zu verhindern.
Ich habe mir meinen Presseausweis um den Hals gehängt und mein Oberteil mit einem Aufkleber des Deutschen Verbands der Pressejournalisten versehen. Nachdem ich einem Polizeibeamten zusätzlich meinen Personalausweis gezeigt habe, darf ich die Absperrung in Begleitung eines Kollegen passieren. Unter seinem Mundschutz weist er mich freundlich darauf hin, mich in einem Pressebereich am Rande der Grünfläche vor der Volksbühne aufzuhalten und mindestens anderthalb Meter Abstand zu anderen Menschen zu halten. Das sei zum Wohle meiner Gesundheit.
Demo für Grundrechte in Berlin weitgehend friedlich
Vor und hinter der Absperrung beobachte ich friedliche Bürgerinnen und Bürger. Manche tragen Plakate für den Erhalt der Freiheit und des Grundgesetzes. Ob sich darunter „Verschwörungstheoretiker“, „Rechtsgerichtete“, oder „Impfgegner“ tummeln, liegt jenseits meiner Urteilsfähigkeit, da ich ebenso wenig wie die Reporter des Nachrichtenmagazins Spiegel in Köpfe schauen kann.
Auf dem Rasen vor der Volksbühne haben sich Abstand haltende Meditierende niedergelassen. Zu dieser achtsamen „Ignorance Meditation“ hat unter anderem der Journalist Ken Jebsen auf seinem Kanal KenFM aufgerufen, nachdem es am 18. April zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demo-TeilnehmerINNEn und der Polizei gekommen war. Die Meditation beginnt, als um 15:30 Uhr auf dem Balkon der Volksbühne die Pippi-Langstrumpf-Melodie ertönt.
Wiederholt weisen die Beamten über Lautsprecher die Menge darauf hin, dass eine Ansammlung von mehr als zwei Personen eine Straftat sei. Um 16 Uhr erfolgt die letzte Aufforderung, sich vom Ort der Demo für Grundrechte in Berlin zu entfernen.
An den Absperrungen macht sich Unmut breit: von Buh-Rufen bis hin zu Parolen wie „Ich will mein Leben zurück“ und „Wir sind das Volk“. Zwischen alledem singt Marius Müller-Westernhagen wie 1989 „Freiheit“, wenn auch nur aus der Konserve.
Mehrere Festnahmen von Demonstrierenden
Während einige hundert Personen an der Absperrung die Anti-Corona-Maßnahmen der Merkel-Regierung kritisieren, dringen Uniformierte zu ihnen vor. Immer wieder führen sie Menschen ab, ein Mann wird beispielsweise an allen vier Gliedmaßen in einen Polizeiwagen geschleppt. Alle anderen Festgenommenen, die mir vor Augen kommen, folgen den Beamten schweigend und ohne Widerstand gegen die Staatsgewalt. Darunter befindet sich auch ein etwa 70-jähriger Mann. Ein paar Frauen begleiten die Festnahme mit empörten „Was hat er getan?“-Rufen.
Gegen 17 Uhr löst sich die Demonstration allmählich auf. Der Focus berichtet schon kurz danach von „Rechtspopulisten“ und „bekannten Verschwörungstheoretikern“ unter den Teilnehmern. Als ich den Rosa-Luxemburg-Platz verlasse, schickt mir mein Kumpel Nils eine Nachricht mit den Worten: „Man kann doch nicht die ganze Ernte verdorben nennen, nur weil ein paar faule Äpfel dabei sind!“
Während er sich über die verallgemeinernde Berichterstattung großer Medienunternehmen echauffiert, hat sich vor einem Elektronik-Fachmarkt am Alexanderplatz eine riesige Schlange gebildet. Ein Teil der Berliner Bevölkerung scheint hocherfreut, endlich wieder konsumieren zu dürfen. (as)