Kann man den Freundeskreis ausmisten wie die heimischen vier Wände? Ja, man kann, ohne dabei gleich den Holzhammer zu schwingen. Ich erzähle Dir sicher nichts Neues, wenn ich behaupte, dass sich die Einstellungen und Interessen von Menschen im Laufe der Zeit verändern. Es mag sein, dass man lange ein Stück des Weges gemeinsam gegangen ist. Irgendwann erreicht man aber eine Gabelung, wo einer nach rechts abbiegt und der andere nach links. Vielleicht begegnet man sich auf dieser Reise irgendwann wieder, doch fürs Erste driftet man auseinander.
Die Japanerin Marie Kondo gilt zurzeit als Königin des Ausmistens. Ihre Methode, die sie in ihrem Buch „The Life-Changing Magic of Tidying Up“ (zu Deutsch: Der lebensverändernde Zauber des Aufräumens) beschreibt, ist simpel und funktioniert folgendermaßen: Durchforste in Deiner Wohnung Dein Hab und Gut, nimm es in die Hände und behalte es nur, wenn es in Dir „Freude“ erzeugt.
Freundeskreis ausmisten wie die Wohnung
Auf ähnliche Weise kannst Du Deinen Freundeskreis ausmisten. Stelle Dir die Frage: Fühle ich mich beseelt in der Gegenwart dieses Menschen oder zieht er mich mit seiner Negativität runter? Natürlich sei es jedem gestattet, mal einen schlechten Tag oder Kummer zu haben. In solchen Situationen wärest Du ein schlechter Freund, wenn Du den anderen in seinem Leid fallen ließest. Habe ein offenes Ohr für Deine Freunde! Solltest Du allerdings über längere Zeit den Eindruck gewinnen, dass Dein Gegenüber gar nicht an einer Lösung interessiert ist und sich sogar inbrünstig in Problemen suhlt, rate ich Dir zur Abgrenzung.
Wenn ich in den Rückzug gehe und im Endeffekt möglicherweise die Freundschaft beende, kann das folgende Gründe haben:
- Ich empfinde den anderen als negativ. Ständig jammert er, wälzt Ängste und regt sich über alles auf.
- Der Freund entwickelt Interessen und Lebenseinstellungen, die überhaupt nicht zu meinen eigenen passen.
- Die Beziehung ist unausgeglichen: Die Person spricht nur über sich.
- Es erscheint mir offensichtlich, dass sich mein Gegenüber durch unseren Kontakt Vorteile für sich selbst verspricht (Ausnutzen).
- Die Person gibt vor, „etwas Besseres“ zu sein und redet bewusst oder unbewusst mich und meine Projekte mies.
Abgrenzen statt wahllos Kontakte knüpfen
Früher fiel es mir schwer, mich von Menschen, die diese Punkte erfüllen, abzugrenzen. Ich hatte einen wesentlich größeren Freundes- und Bekanntenkreis und fühlte mich in ihm einsam. So zog ich von einer Party zur nächsten, knüpfte wahllos Kontakte und manche davon schadeten mir. Ich hatte keinen Plan, wie meine Beziehungen aussehen sollten. Das kleine Kind in mir wollte nur wahrgenommen, anerkannt, bewundert und geliebt werden. Sicherlich stand das auch fett auf meiner Stirn geschrieben.
Unter meinen sogenannten „Freunden“ tummelten sich glücklicherweise ein paar Arsch-Engel, die mir die Augen öffneten. Seitdem lebe ich achtsamer und tendiere im Bereich der engeren zwischenmenschlichen Kontakte zum Minimalismus.
Lebenszeit sinnvoll investieren
Du brauchst übrigens niemandem mit einer knallharten Ansage die Freundschaft zu kündigen, wenn Du Deinen Freundeskreis ausmisten willst. Meist ist gar nichts weltbewegend Schlimmes vorgefallen, doch die Freundschaft fühlt sich einfach nicht mehr stimmig an. In der Regel beruht dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit. Dann reicht es aus, dem Menschen Deine Lebenszeit zu entziehen, indem Du den Kontakt nach und nach abflauen lässt.
Zeit ist schließlich Dein kostbarstes Gut. Solltest Du schon ein paar Jahre über diesen wunderbaren Planeten wandeln, ist Dir wahrscheinlich bewusst, dass es nur begrenzt zur Verfügung steht. Du allein hast die Freiheit, in wen oder was Du Deine Zeit investierst. Jeden Tag aufs Neue. Gib also Acht, wer Deine Seele berühren darf. (as)