Kinder sind angesagt. In den pinken Abgründen der Boulevard-Hölle habe ich als Lektorin intensiv beobachtet, wie Promis und alle, die sich dafür halten, ihren Nachwuchs in den sozialen Netzwerken zur Schau stellen. Wer in dieser Branche Kinderbilder auf Instagram und Co. postet, schafft es garantiert in die Klatschspalten und erntet schon bei der Verkündung der Schwangerschaft Zeilen wie: Promi-Mama XY lässt die Babybombe platzen und schwebt mit ihrer Babykugel auf Wolke sieben!
Kinderbilder auf Instagram als Influencer-Accessoires
Die Strategie ist allgemein bekannt. Damit das Ego der Eltern aufgeblasen wird, schicken sie ihre Brut vor. Sie posten die Gesichter von Neugeborenen und Kleinkindern oft sogar frontal und die weltweite Social-Media-Community schaut zu. Wenn sie die Bilder mit kitschigen Liebeserklärungen versehen, flippen die Follower regelrecht aus vor Begeisterung. Das ist ja sooo süß, niedlich und putzig … Und meist voller Rechtschreibfehler!
Bist auch Du ein Teenie-Mädel mit dem Berufswunsch „Influencer“? Dann solltest Du Dir möglichst vor dem Schulabbruch einen fetten YouTube-Kanal, einen plastischen Chirurgen und einen gleichgesinnten, coolen „Hottie“ zulegen. Sobald Du Deine Karriere im Netz ins Rollen gebracht hast, macht Ihr zusammen ein Baby, das nach dem ersten Schrei in Euer Business einsteigt. Wozu fragen, ob es Bock auf Online-Werbung hat, wenn es doch eh keine Wahl bekommt?
Kinderfotos nur im Privatmodus teilen
Die bittere Realität an der Sache: Kinderbilder auf Instagram und Facebook sind nicht nur eine Promi-Influenza. „Normalo-Frauen“ mit ganz „normalen“ Berufen wie Kinderkrankenschwester oder Sachbearbeiterin posten ebenso fleißig, was früher ins Familienalbum eingeklebt wurde: den Moment nach der Geburt, Baby in der Badewanne oder in seinen neuesten Outfits.
Jede Mutter (und das gilt auch für Väter!) hat die Option, ihr Instagram-Profil in den Privatmodus zu stellen und solche Motive nur mit Familienmitgliedern und echten Freunden aus dem Offline-Leben zu teilen. Was geht es Fremde an, wie Mama mit ihrem halbnackten Säugling schwimmen geht?
Postest Du Kinderbilder öffentlich, hast Du keine Kontrolle mehr. Jeder kann sie herunterladen, teilen und für miese Zwecke wie Pädophilen-Portale missbrauchen. Willst Du das Deinem Baby antun, nur um allen anderen da draußen zu demonstrieren, dass du es „geschafft hast“, Mutter zu sein?
Pädophile suchen nach Hashtags
Die australische Erziehungsexpertin Dr. Kristy Goodwin schreibt in ihrem Buch „Raising Your Child in a Digital World“: „Mittlerweile geht man davon aus, dass 50 Prozent aller Bilder, die auf einschlägigen Pädophilen-Seiten gefunden wurden, Bilder waren, die Eltern selbst von ihren Kindern gemacht und gepostet haben.“
Pädophile haben heutzutage ein leichtes Spiel. Sie suchen auf öffentlichen Instagram-Profilen gezielt nach Hashtags, um an Kinderfotos zu gelangen. Fast 16.000 Bilder findet man unter dem Hashtag #babyschwimmen. #babymädchen spuckt mehr als 172.000 Ergebnisse aus. Gibt man #instakids in die Suche ein, stößt man sogar auf über 21 Millionen Beiträge! (Stand: 11. Januar 2020).
Verantwortungsvoller Umgang mit Kindern im Netz
Was das Posten in den sozialen Netzwerken angeht, gibt es übrigens einen Mittelweg. Du kannst Kindergesichter per Foto-App mit Smileys oder anderen Emojis verdecken. Das tat ich nach der Geburt meiner Nichte. In dem Moment war ich einfach glücklich, endlich Tante zu sein und wollte es meine persönlichen Kontakte wissen lassen. All meine anderen Schnappschüsse von der Kleinen sind privat, weit weg von Social Media und werden es auch in Zukunft bleiben. (as)